„Anlässlich der öffentlichen Konsultation der EU zur Zukunft der europäischen Agrarpolitik startet das Bundesumweltministerium heute die Kampagne „Gut zur Umwelt. Gesund für alle.“ Im Stile alter Bauernregeln wirbt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks dabei für eine naturverträgliche Landwirtschaft und eine Reform der europäischen Agrarförderung.“ – so verkündete diese Woche das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit stolz den Start ihrer Kampagne „auf Plakaten in über 70 Städten in Deutschland, mit Ansichtskarten, über Social Media und über eine Website http://www.neue-bauernregeln.de“.
Die Startmeldung zu dieser Kampagne auf der Facebook-Seite des BMUB samt den „Neuen Bauernregeln“ führte zu vielen kritischen Kommentaren. Viele Landwirte fühlten sich mit den Reimen verunglimpft und zu unrecht an den Pranger gestellt.
Der DBV twitterte und postete auf Facebook mit eigenen Reimen zurück. Die Landwirte ebenso.
Die Diskussion nahm bald bizarre Formen an: Das Social Media Team des BMUB schien mit den Reaktionen der Landwirte auf ihrer Facebook -Seite überfordert zu sein. Wie die platten Reime bei den Landwirten tatsächlich ankamen, hatte sich auf Seiten des BMUB wohl niemand vorstellen können:



Während der Shitstorm bis tief in die Nacht hinein dauerte, meldete sich am Tag danach Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth per Videobotschaft an die Leserschaft, um die eigentliche Intention der Kampagne zu erläutern:
Doch das Kind war schon in den Brunnen gefallen, die „Neuen Bauernregeln“ werden völlig anders wahrgenommen als die Kommunikationsstrategen des BMUB es wohl gedacht haben.


Inzwischen tauchen auch Videobotschaften von Landwirten auf, die dem BMUB ihre Meinung über die Bauernregeln-Kampagne sagen wollen:
Dirk Nienhaus, Bocholter Landschwein:
„Mentalbäuerin“ Elke Pelz-Thaller erklärte Frau Hendricks per Video, „wenn man mit jemanden Sprechen möchte, dann muss man die Türen öffnen“ und „dass jedes einzelne Plakat, das von dieser Kampagne aufgehängt wird, als Beweis für die Inkompetenz des Bundesministeriums gesehen werde.“
Michael Reber, Innovative Landwirtschaft: „Mit dieser Bauernregel-Aktion haben Sie – oder wahrscheinlich Ihr Staatssekretärle – alle Bauern getroffen, ganz besonders die bäuerlichen Familienbetriebe. Mit solchen Aktionen schaffen Sie es, dass unsere Kinder in den Schulen gemobbt werden oder gar nicht mehr sich sagen trauen, woher sie kommen.“
Auf Twitter findet sich inzwischen mit dem Hashtag #Bauernregeln unzählige Tweets zur BMUB-Kampagne:
Inzwischen haben über 10.000 Menschen [Stand: 9.2.17] eine Petition mit dem Titel „An das Bundeskanzleramt: Wir sind gegen das staatliche Mobbing des landwirtschaftlichen Berufsstands“ unterzeichnet.
Noch wichtiger ist es für die Landwirte, an der öffentlichen Konsultation über die Modernisierung und Vereinfachung der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) teilzunehmen. Sie läuft noch bis zum 2. Mai.
NACHTRAG:
3. Februar 2017:
Landwirtschaftsminister Christian Schmidt fordert Ministerin Hendricks auf, diese Kampagne zu stoppen und sich zu entschuldigen.
9. Februar 2017:
Barbara Hendricks meldet sich mit einem Video auf ihrer Facebook-Seite zu Wort.
https://www.facebook.com/hendricks.barbara/videos/1457058224317888/
Die Plakate mit den Bauernregeln werden nicht eingesetzt und die Internetseite http://www.neue-bauernregeln.de abgeschaltet. Eine neue Online-Dialogplattform soll stattdessen entstehen.
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